Seit Tagen sind die Medien voll von Beiträgen um die Credit Suisse. Warum ein weiterer Blog zu diesem Thema? – Weil eine Dimension der ganzen Geschichte mehr oder weniger ausgeklammert wird: die ethische.

Es geht um Strategie: Was müssen wir tun für die Stabilität des Finanzsystems? Es geht um rechtliche Fragen: Können Investoren ihre Verluste einklagen? Es geht um Betriebswirtschaft: Kann die UBS die Übernahme stemmen?

Natürlich sind das wesentliche Fragen, aber die Diskussion streift kaum je ihre ethische Seite. Moralische Überlegungen werden umschifft. Dabei geht es bei den Ereignissen um zwei zentrale ethische Konzepte: um Verantwortung und um Gerechtigkeit.

Verantwortung bedeutet, dass ein Entscheidungsträger einem andern, gegenüber dem er in der Pflicht steht, Antwort geben muss. Und zwar darauf, ob er seiner Verpflichtung nachgekommen ist. Nicht im rechtlichen, sondern im ethischen Sinn.

Gerechtigkeit wiederum meint Fairness gegenüber allen, die einen berechtigten Anspruch an den Entscheidungsträger erheben können. Da solche Ansprüche einander zuwiderlaufen können (etwa die von Kunden und Investoren), muss er ihre jeweilige Berechtigung gegeneinander abwägen und bewerten. Auch dies nicht im rechtlichen, sondern im ethischen Sinn.

Nähme man die Ethik ernst, würden sich Fragen stellen wie: Lässt es sich verantworten, zwei grosse Banken zu einer noch grösseren zu verschmelzen, wenn schon die kleinere von ihnen too big to fail ist? Ist es fair, die Steuerzahlerinnen ein mögliches noch grösseres Fiasko bezahlen zu lassen? Dass es eintreten kann, wissen wir inzwischen.

Ist es gerecht, dass Investoren ihre Verluste einklagen, um sie andern aufzubürden? Wem sind Bundesrat und Nationalbank mehr verpflichtet: der Finanzbranche oder dem Schweizer Volk? Wer soll die Verantwortung für das Desaster der CS übernehmen: ihre Kleinsparer oder die Entscheidungsträger in Geschäftsleitung und Verwaltungsrat? Sind nicht diejenigen verantwortlich, die in den vergangenen Jahren durch Skandale das Vertrauen in die Bank zerrüttet haben? Ist es da nicht obszön, ihnen auch noch Boni dafür auszuzahlen?