Die Gegner der Massentierhaltungsinitiative bringen zum Teil Argumente vor, die empörend sind. So steht etwa in den „Erläuterungen des Bundesrates“, die Preise für Lebensmittel würden mit der Initiative steigen. Ausserdem wäre die „Wahlfreiheit der Konsumentinnen und Konsumenten“ eingeschränkt.

Lassen Sie uns 160 Jahre zurückreisen in die USA, wo damals über die Abschaffung der Sklaverei debattiert wurde. Welch unermessliches Leid  die Sklaverei Millionen von Menschen angetan hat, brauche ich nicht auszuführen. Nun argumentiert der südstaatliche Sklavenhalter, zum Beispiel ein Besitzer einer Baumwollplantage: „Die Abschaffung der Sklaverei würde die Baumwollpreise in die Höhe treiben.“ Oder: „Die Wahlfreiheit der Baumwolleinkäufer würde ohne Sklaverei eingeschränkt.“

Solche Begründungen sind zynisch und unmenschlich. Dem Sklavenhalter fehlt das Rechtsempfinden. Er bleibt blind gegenüber der Tatsache, dass er sein wirtschaftliches Interesse höher gewichtet als das unermessliche und ungerechte Leid menschlicher Wesen. Er hat kein Auge für moralische Verhältnismässigkeit.

Massentierhaltung ist doch nicht dasselbe wie die Sklaverei, wenden Sie vielleicht ein. Da haben Sie natürlich recht: Ich setze den Schweizer Massentierhalter nicht mit dem Sklavenhalter gleich. Und Tiere sind nicht Menschen.

Aber eine Gemeinsamkeit bleibt: Es gibt Argumente, die angesichts des unglaublichen Elends, das empfindungsfähigen Wesen zugefügt wird, schlicht unhaltbar sind. Wir dürfen Wesen, die Schmerz empfinden können – und das ist bei unseren Nutztieren zweifellos der Fall – diesen Schmerz nicht zufügen, bloss weil wir davon profitieren. Und Argumente, die das Quälen dieser Tiere mit Preis und Wahlfreiheiten von Konsumentinnen begründen, sind zynisch und unmenschlich.

Halt, sagt der Bauernpräsident, und behauptet unverfroren, den Tieren in der Schweiz gehe es bestens. Sie seien durch das geltende Recht bereits bestens geschützt. Wer’s glaubt. Gewiss, für die Kühe von Köbi, meinem Nachbarn, stimmt das schon. Sie grasen friedlich auf der Wiese, wenn ich am Morgen vorbeiradle, und auch im Winter haben sie genügend Auslauf im Freien. Wie es aber vielerorts um die industrielle Tierhaltung steht, ist hinlänglich dokumentiert. Wer das wissen will, findet dafür Beweise genug.

Die Initiative zielt ja auch nicht auf Köbi ab, sondern auf die industrielle Tierhaltung, da, wo sie das Tierwohl auf empörende Weise mit Füssen tritt. Und mein Blog argumentiert nicht gegen Nutztierhaltung im Allgemeinen. Ich will aufzeigen, dass es zynisch und empörend ist, unermessliches Leid von empfindungsfähigen Wesen mit marktwirtschaflichen Gründen zu rechtfertigen. Es gibt Dinge, die tut man einfach nicht.